Eingangstor zur Feste Goeben (Bild: aus Redaktion)

Das Fort de Queuleu

Ein ehemaliges SS-Sonderlager

Kälte, Nässe, Nebel – Das waren die ersten Eindrücke, als wir am Fort de Queuleu ankamen. Sofort wurden wir auch von unserem Guide und dem Präsidenten des Fort, Monsieur Nicolas, herzlich begrüßt. Wir hatten eine zweistündige Führung, auf Französisch, durch die Anlage der Kaserne 2.

Aber was ist das Fort de Queuleu eigentlich?

Das Fort ist ursprünglich eine französische Festung, die zur Stadtmauer der französischen Stadt Metz gehörte. Im Laufe der Jahre wechselt es seine Zugehörigkeit zu Deutschland und Frankreich oft, so gehört es im Ersten und Zweiten Weltkrieg Deutschland und dient als Kriegsgefangenenlager. Zwischenzeitlich war es wieder in französischen Händen und diente als Ausbildungsstätte für die Soldaten der Maginot-Linie. 

Von Oktober 1943 bis August 1944 wurde die Festung als SS-Sonderlager „Feste Goeben“ umbenannt und diente vor allem als Verhör- und Haftlager, hauptsächlich für französische Widerstandskämpfer. 

Auf diese Zeitspanne hat sich auch unsere Führung fokussiert. In dieser Zeit kamen allein in dem Lager, was eigentlich nur für Verhöre gedacht war, 35 Menschen um, und wenn die Inhaftierten doch überlebten, kamen sie geschwächt und verletzt in Konzentrationslager, wo sie dann starben. 

Das Lager war kein reines Männerlager. Es gab auch zwei Frauenzellen, allerdings genossen diese keine Sonderbehandlung. Die Aufseher der Inhaftierten waren oft noch Jugendliche SS-Soldaten im Praktikum, welche trotz ihres jungen Alters vor der grausamen Behandlung der Insassen nicht zurückschreckten.

Im August 1944 wurde Paris von den Alliierten befreit, die Angestellten SS-Soldaten in der „Feste Goeben“ bekamen kalte Füße und ließen alles zurück und verließen das Sonderlager. Im November 1944 wurde die Stadt Metz endgültig befreit und das Fort de Queuleu diente als französisches Kriegsgefangenenlager für deutsche, die ehemaligen Insassen der Deutschen ergaben sich.

Bis 1967 wurde die Festung noch als Gefängnis für verschiedene Kriegsgefangene verwendet, aber ab 1967 wurde es komplett verlassen. Jedoch kamen ehemalige Gefangene der SS-Soldaten zurück, um den Ort zu bewahren und eine Erinnerungsstätte aus dem Fort zu machen, damit die Zeit damals nicht in Vergessenheit gerät.

Die Menschen, die in Augen der SS-Soldaten französische Kriegsverbrecher und Widerstandskämpfer waren, mussten in dem Lager grausame Behandlungen und physische und psychische Folter erleben. Die ersten zwei Monate, in dem das Lager „Feste Goeben“  existierte, wurde noch sehr human mit den Häftlingen umgegangen. So durften sie zum Beispiel Päckchen von Familie und Freunden empfangen oder öfter duschen und die Sanitäranlagen benutzen. Mit der Einstellung des neuen SS-Kommandanten änderte sich das aber radikal. Georg Hempen bezeichnete sich selbst als den Teufel Satan, außerdem war er sehr habgierig. Er nahm den Häftlingen alles ab und er fing auch die Päckchen für die Insassen ab und eignete sich alles an.

Die grausame Behandlung fing schon mit der Ankunft in der Festung an. Alle Inhaftierten durften sich immer nur mit Augenbinden im Fort aufhalten und kamen auch mit verbundenen Augen dort an. Der Treppenabgang in das Fort war somit für die Inhaftierten die erste Station, wo sie erfahren mussten, wie grausam ihr Aufenthalt dort werden wird. Denn die Menschen fielen ohne Vorwarnung die Treppenstufen herunter und zogen sich so erste Verletzungen zu. Jeder Häftling erhielt eine Häftlingsnummer, was zur Entmenschlichung beitrug. Allerdings wurde die Nummer nicht tätowiert, sondern auf einem Schild dem Häftling um den Hals gehangen. Auch wurde unter den Inhaftierten gezielt Zwietracht erzeugt, in dem die verschiedenen Häftlinge grundlos bevorzugt behandelt wurden, während andere ohne Grund Misshandlung erleben mussten. Das führte dazu, dass die Insassen sich selbst untereinander aufgrund von Eifersucht unmenschlich behandelten. Der Waschraum der Festung war auch ein Ort der Gewalt, dort gab es nämlich nur eiskaltes Wasser zum Duschen und Waschen. Und wurde ein Häftling Opfer der Willkür der SS-Soldaten, so wurde er mit Kleidung in das kalte Wasser getaucht und zurück in seine unbeheizte Zelle gebracht. Das führte bei drei Menschen zu einer schweren Lungenentzündung und schließlich dadurch zum Tod.

Des Weiteren gibt es in dem Sonderlager zwei verschiedene Arten von Zellen, die Sitzzellen und die Stehzellen. Die Stehzellen waren eine weitere Foltermethode, die in dem Lager möglich war, wobei die Sitzzellen in ihrer Grausamkeit nicht zu unterschätzen sind. Die Häftlinge mussten immer, wohlgemerkt mit verbunden Augen, auf Holzbänken sitzen und in Richtung der Tür schauen, niemand durfte Reden und niemals durfte Augenkontakt zwischen zwei Häftlingen herrschen. Einmal täglich durfte das „Klo“ benutzt werden, welches sich auf einen einfachen Metalleimer beschränkte. Dazu durfte ein Häftling seine Augenbinde abnehmen und die anderen jeweils zum Eimer führen. Dieser stand normalerweise in der Mitte des Raumes, so hat es in der Zelle fürchterlich gestunken. Derselbe Eimer musste verwendet werden, um das Essen zu verteilen, dazu wurde dieser notdürftig ausgewaschen. Das Essen war stark gesalzenes Schweinefutter, welches starken Durst hervorgerufen hat. Also eine weitere Art von Folter die die Häftlinge ertragen mussten, da es nichts für sie zu trinken gab. 

Die Führung war sehr eindrucksvoll, da wir wirklich die realen Wege der Gefangenen gegangen sind. Um die damalige Situation zu verdeutlichen, haben die heutigen Verantwortlichen für das Fort Puppen aufgestellt. Die Puppen stellen die damaligen Insassen dar und stehen beispielsweise mit verbundenen Augen breitbeinig mit erhobenen Händen und Blick zur Wand im Raum, um eine der damaligen Situation zu verdeutlichen. Dadurch wurde die Führung für uns noch einmal realistischer und man konnte sich die vollzogenen Gräueltaten bildlicher vorstellen. Auch die andauernde Kälte während der Führung hat verdeutlicht, wie die Insassen damals gelitten haben. 

Zum Ende möchte ich noch auf den Präsidenten des Forts Monsieur Nicolas aufmerksam machen. Er teilt ein sehr persönliches Schicksal mit dem Ort, da sein Vater selbst der Frisör des Kommandanten war. Er, und die kleine Organisation rund um das Fort de Queuleu, möchten dieses Ort nicht in Vergessenheit geraten lassen und arbeiten hart daran die Anlage der Kaserne 2 instand zu halten und für interessierte Besucher zugänglich zu machen. Wir möchten uns hier auch nochmal ganz herzlich für die eindrucksvolle Führung, und die große Mühe bedanken.

Für mehr Informationen zum Fort de Queuleu geht es hier zur offiziellen Website.

Jetzt möchte ich noch auf die Bildergalerie aufmerksam machen, welche meine Mitschülerin Myriam zu dem Fort de Queuleu angefertigt hat. Diese ist auch hier auf dem Blog zu finden.

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