Die zerhauenen Visagen des Ersten Weltkriegs

Zu sehen sind in der oberen Reihe die Abdrücke, die die Bildhauerin Anna Coleman Ladd von Soldaten mit Gesichtsverletzungen nahm, und darunter die Abdrücke der Gesichtsmasken, die für die Soldaten modelliert wurden.

Die Bilanz zum Ende des Ersten Weltkriegs ist bitter: 10 Millionen Soldaten verloren ihr Leben; Gut das Doppelte kehrte mit schweren Verletzungen an ihrem Körper sowie ihrer Psyche heim. Wie die Gesellschaft mit den verwundeten Rückkehrern umgeht, die jahrelang an der Front für ihr Vaterland kämpften, ist schockierend.

Die Waffen des Ersten Weltkriegs

Der technologische Fortschritt zur Jahrhundertwende bot nicht nur Erleichterungen im Alltag, wie z.B. das erste Auto oder der Telegraph, welche den Transport von Personen und Informationen erheblich vereinfachten, sondern auch die Grundlage für neue brutale Waffen, die im Ersten Weltkrieg Millionen von Menschen das Leben nahmen. Zu den verwendeten Kriegsmitteln zählen die bekannten Schusswaffen und Granaten sowie erstmalig der Einsatz von Giftgas, Flammenwerfern und Panzern.

Verletzungen an Kopf und Gesicht

All diese Waffen führten zu schweren Verletzungen u.a. auch im Bereich des Kopfs und Gesichts. So erlitten ca. 50.000 deutsche, 15.000 französische und 60.000 britische Soldaten Gesichtsverletzungen, die durch normale Chirurgie nicht zu heilen waren. Nebenan sieht man einen amerikanischen Soldaten, der durch ein Geschoss den Großteil seiner Nase verlor.

Behandlung der Gesichtsverletzungen

Da die Wunden und Narben das Selbstwertgefühl der Verwundeten schwer schädigten, versuchte man Masken anzufertigen, die beispielsweise anhand eines Brillengestells an ihrem Platz gehalten wird, um den Ex-Soldaten eine Rückkehr in die Öffentlichkeit zu ermöglichen. Die im Bild zu sehende Maske wurde von der amerikanischen Bildhauerin Anna Ladd angefertigt.

Verletzungen an den Extremitäten

Etwa zwei Drittel der Verwundungen im Ersten Weltkrieg betrafen die Arme und Beine der Soldaten. Splitter von Artilleriegeschossen führten zu extremen Beschädigungen am Muskel- und Knochengewebe. Bei so einer Extremitätenverletzung ist die Erstbehandlung ausschlaggebend, um die Verblutung vor Ort zu verhindern und durch aseptische Verbände die Wahrscheinlichkeit einer Entzündungen gering zu halten. In Lazaretten versuchten die Chirurgen alles, um die Soldaten zu heilen, wobei oft die Amputation der Gliedmaßen unabdingbar war. Mit dem Verlust von Armen und Beinen verloren viele Soldaten auch ihre Perspektive in der Gesellschaft.

Kriegskrüppel als Symbol für den verlorenen Krieg

Da die Kriegsverletzten jedoch ein Symbol des verlorenen Krieges waren, wurden diese von einem großen Teil der Gesellschaft verachtet. Zudem kommt, dass Menschen mit psychischen Verletzungen und Traumata als “hysterische Feiglinge” abgestempelt wurden. Die Folge war, dass sehr viele Invalide Bettler wurden und nie mehr einen Anschluss an die Gesellschaft fanden.

Fotostrecke zu Gesichtsversehrten: https://www.spiegel.de/fotostrecke/erster-weltkrieg-das-leid-der-gesichtsversehrten-fotostrecke-164922.html

Autor: Michael

Bild: Rotes Kreuz USA – Library of Congress: https://lccn.loc.gov/2017682051; https://lccn.loc.gov/2017683389; https://lccn.loc.gov/2017683388